Exkursion der Kölner Münzfreunde zum Schloss Bensberg
(06.04.2024) und Vortrag von Max Morsches (16.04.2024)
Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg (1658–1716) war bereits zu Lebzeiten seines Vaters – und vor seiner Hochzeit mit der Kaisertochter Erzherzogin Maria Anna von Österreich – zum Herzog von Jülich-Berg ernannt worden. Dies traf sich gut, denn Schloss Heidelberg war zerstört, und er konnte damit in Düsseldorf Residenz nehmen, als Katholik fernab der mehrheitlich protestantischen Pfalz. Wie unser Mitglied Max Morsches bei unserer Exkursion anekdotenreich zu berichten wusste, wollte er eine „bescheidene“ Hütte nahe seinen Jagdrevieren im Königs- und Frankenforst mit seiner späteren zweiten Frau, Anna Maria Luisa de’ Medici, beziehen. So wurde Schloss Bensberg errichtet. Wir Besucher staunten über die exakte Ausrichtung auf das Mittelschiff des 14 km entfernten Kölner Doms, der von den bergischen Höhen gut im breiten Rheintal auszumachen war.
Jan Wellem erlebte die Fertigstellung nicht mehr, und bis zur französischen Besetzung der Rheinlande durch französische Truppen wurde das Schloss selten von den Pfälzern besucht. Nach mehrfacher Nutzung als Lazarett in der napoleonischen Epoche und einem Umbau war es von 1840 bis 1918 preußische Kadettenanstalt. Besatzungstruppen und Obdachlose wechselten sich in den 1920er Jahren ab. Ab 1935 – nach einem erneuten Umbau – sollte dort national-sozialistischer Führungsnachwuchs in einer NAPOLA herangezogen werden. 1943 zündeten verzogene Jugendliche den Holzboden des Nordflügels an. Nach 1945 zogen belgische Besatzungstruppen ein, die 1965–1997 dort ein flämisch-sprachiges Internats-Gymnasium betrieben. Die Übernahme durch die damalige Aachen-Münchener Versicherung zum symbolischen Preis von 1,- Mark setzte Mittel für die umfassende Restaurierung frei. Heute sind im Schloss ein Top-Hotel und ein Sterne-Restaurant untergebracht.
Kaum zu glauben, aber trotz der wechselvollen Geschichte sind einige der Deckenfresken und Gemälde erhalten geblieben. Bauherr und Bauherrin zeigen sich dort ebenso wie türkische Gefangene in Ketten, die von der bewegten Zeit der Türkenkriege unter Jan Wellems Schwager, Kaiser Leopold, künden.
Die lebenslange Treue zum Kaiser zahlte sich für Jan Wellem aus. Seine Titelflut wurde so groß, dass die Um- oder Aufschriften auf seinen Münzen und Medaillen mit sehr kurzen, oft ein-buchstabigen Abkürzungen arbeiten mussten. Auch beim Kolloquiums-Vortrag unseres Vereins zeigte sich die große Sachkunde von Max Morsches, bis 2018 Vorsitzender des bergischen Geschichtsvereins Rhein-Berg.
Johann Wilhelm wurde durch Geburt 1658 Prinz von Neuburg, seit 1676 erstmalig Schwager des Kaisers, 1678 Herzog von Jülich-Berg und dank seiner Hochzeit zum zweitenmal mit dem Reichsoberhaupt verschwägert, 1690 Kurfürst von der Pfalz. Schließlich erlangte er 1708 das höchste weltliche Kurfürsten-Amt, das des Archidapifer (Erztruchsess), für die Pfälzer zurück. Damit durfte er auf seinen Münzen wieder den Reichsapfel im Wappen führen. 1711 künden seine Vikariatsmünzen von großem Stolz, als Reichsverweser die nächste Kaiserwahl vorzubereiten.
Alfred Noss beklagt in seinem Standardwerk, dass Jan Wellems späte Münzen „Beispiel(e) in (einer) Reihe für die geschmacklose und unangebrachte Nachahmung römischer Köpfe mit abgeschnittenem bloßen Hals“ seien.
Das kinderlos gebliebene Ehepaar hat übrigens auch große Spuren in der Museums-Landschaft hinterlassen: die Düsseldorfer Gemäldegalerie, die Alte Pinakothek München und die Uffizien in Florenz verdanken große Teile ihrer Bestände dem rheinischen Kurfürstenpaar. Jan Wellems zweite Frau war nach seinem Tod 1716 in ihre toskanische Heimat zurückgekehrt.